Das Wichtigste vorab
- Beckenbodentraining ist essenziell, besonders nach der Geburt, um die Gesundheit und Stabilität des Körpers zu fördern.
- Der Beckenboden, ein Netz aus Muskeln und Bindegewebe, unterstützt die Organe, verbessert die Haltung und hilft, Blasenschwäche vorzubeugen.
- Mit einfachen Übungen, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen – etwa beim Sitzen, Stehen oder Autofahren – kann die Muskulatur gezielt gestärkt werden.
Die Zeit nach der Geburt bringt viele neue Herausforderungen mit sich, und eine der wichtigsten ist es, deinen Beckenboden zu stärken. Ein gesunder Beckenboden ist fundamental für deine Gesundheit, besonders nach der Geburt eines Kindes.
Während der Schwangerschaft hat dein Beckenboden eine enorme Last getragen, und das gilt auch für dich, wenn du per Kaiserschnitt entbunden hast. Die gute Nachricht: Mit gezieltem Beckenbodentraining kannst du aktiv an deiner Genesung arbeiten.
Die wichtigsten Vorteile vom Beckenbodentraining:
- Vorbeugung von Blasenschwäche
- Unterstützung deiner Unterleibsorgane
- Verbesserung deiner Körperhaltung
- Stärkung deiner inneren Mitte
- Förderung deiner langfristigen Gesundheit
Der optimale Zeitpunkt, um mit dem Beckenbodentraining zu beginnen, liegt etwa acht Wochen nach der Geburt – natürlich immer in Absprache mit deinem Arzt/Hebamme. Dabei solltest du dir bewusst machen, dass die Rückbildung von wenigen Wochen bis zu einem Jahr dauern kann. Jeder Körper ist einzigartig, und du solltest dich nicht mit anderen vergleichen.
Besonders ermutigend: Für Beckenbodentraining ist es nie zu spät! Egal, ob deine Geburt erst ein paar Monate oder schon Jahre zurückliegt – du kannst jederzeit damit beginnen, deinen Beckenboden zu stärken. Und das Beste: Das Training lässt sich perfekt in deinen Alltag integrieren und bequem von zu Hause aus durchführen.
Regelmäßigkeit ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Schon wenige Minuten täglich können einen großen Unterschied machen. Mit kontinuierlichem Training sicherst du nicht nur die Gesundheit deines Beckenbodens, sondern auch deine Lebensqualität.
Die Grundlagen des Beckenbodentrainings verstehen
Um dein Training effektiv zu gestalten, ist es wichtig, erst einmal zu verstehen, was der Beckenboden eigentlich ist. Stell dir deinen Beckenboden als ein Netz aus Muskeln und Bindegewebe vor, das sich zwischen Schambein, Steißbein und den Sitzbeinhöckern spannt.
Er besteht aus drei Schichten:
- Die oberflächliche Schicht (Schwell- und Schließmuskulatur)
- Die mittlere Schicht zwischen Schambein und Sitzbeinhöckern
- Die tiefste Schicht, der sogenannte Levator ani
Dein Beckenboden arbeitet nicht isoliert, sondern steht in Verbindung mit deinem gesamten Körper. Das wird besonders während der Schwangerschaft deutlich, wenn dein Beckenboden sich anpasst und weicher wird, um die Entwicklung deines Babys zu unterstützen.
Nach Studien tritt bei etwa 40 % aller Erstgebärenden eine Urininkontinenz auf. Bei 10–30 % der Geburten kommt es sogar zu einem Muskelriss im Beckenboden. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig gezieltes Beckenbodentraining nach der Geburt ist.
Die gute Nachricht: Mit regelmäßigem Training kannst du die Kraft und Reaktionsfähigkeit deines Beckenbodens wiederherstellen. Wichtig ist dabei, nicht nur die oberflächliche Muskulatur zu trainieren, da das zu Problemen wie Scheidenkrämpfen oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen führen kann. Ein ganzheitliches Training, das alle Schichten des Beckenbodens einbezieht, ist der richtige Weg.
Effektive Übungen für den Alltag
Jetzt, wo du die Grundlagen kennst, geht es an die Praxis. Dein Beckenbodentraining kannst du perfekt in deinen Alltag integrieren. Schon wenige Minuten täglich reichen aus, um effektive Ergebnisse zu erzielen.
1. Den Beckenboden finden
Bevor du mit dem Training beginnst, ist es wichtig, deinen Beckenboden zu lokalisieren:
- Stell dir vor, du versuchst, den Urinfluss zu stoppen oder Gas zurückzuhalten – die Muskeln, die du dabei anspannst, sind deine Beckenbodenmuskeln.
- Achte darauf, dass du nicht die Bauch-, Gesäß- oder Oberschenkelmuskeln mit anspannst.
2. Grundlegende Beckenbodenübung
- Setze oder lege dich entspannt hin.
- Spanne die Beckenbodenmuskeln langsam an, als würdest du etwas nach innen ziehen. Halte die Spannung für 3-5 Sekunden.
- Entspanne die Muskeln langsam für 5 Sekunden.
- Wiederhole die Übung 8-12 Mal pro Einheit.
3. Übungen im Alltag
Du kannst den Beckenboden fast überall trainieren, z. B.:
- Beim Sitzen oder Stehen: Fokussiere dich auf das Anspannen und Entspannen des Beckenbodens während du wartest, sitzt oder stehst.
- Beim Treppensteigen: Spanne die Muskeln beim Hochsteigen an.
- Im Auto oder Büro: Perfekt für diskrete Übungen während der Arbeit oder auf längeren Fahrten.
- Beim Fernsehen oder Zähneputzen: Verbinde das Training mit täglichen Routinen.
4. Wichtige Tipps für Beckenbodentraining
Eine ideale Trainingseinheit umfasst 5–10 Wiederholungen pro Übung. Mit zunehmender Stärke kannst du dich auf bis zu 15 Durchgänge steigern. Achte dabei darauf, während der Übungen gleichmäßig weiterzuatmen und nur den Beckenboden anzuspannen – Bauch- und Gesäßmuskeln bleiben dabei so entspannt wie möglich.
Für optimale Ergebnisse kannst du dein Training mit Ausdauersportarten wie Joggen, Walking oder Schwimmen kombinieren. Auch Yoga und Pilates eignen sich hervorragend, da sie den Beckenboden zusätzlich aktivieren.
Wenn du frisch entbunden hast, solltest du mit dem Training frühestens 8–12 Wochen nach der Geburt beginnen – je nachdem, wie du dich fühlst. Regelmäßigkeit ist dabei wichtiger als Intensität: Schon nach wenigen Wochen wirst du erste positive Veränderungen spüren.
5. Übungen mit Hilfsmitteln
- Beckenbodentrainer: Es gibt spezielle Hilfsmittel wie Kugeln oder App-unterstützte Geräte, die das Training effektiver machen können.
- Biofeedback: Geräte, die dir Rückmeldung zur Kontraktion deiner Muskeln geben, sind hilfreich, um sicherzustellen, dass du die richtigen Muskeln trainierst.
Fortschritte tracken und motiviert bleiben
Der Weg zu einem starken Beckenboden ist ein Marathon, kein Sprint. Nach etwa vier Wochen regelmäßigen Trainings kannst du erste Erfolge spüren, z. B. eine verbesserte Wahrnehmung oder die Fähigkeit, den Beckenboden spontan anzuspannen.
Um deine Fortschritte zu tracken, kannst du Folgendes tun:
- Ein Trainings-Tagebuch führen
- Tägliche Erinnerungen auf deinem Smartphone einrichten
- Die Übungen mit alltäglichen Routinen verbinden
- Regelmäßige Selbsteinschätzungen durchführen
Für optimale Ergebnisse empfiehlt es sich, das Training zur gleichen Tageszeit zu machen, z. B. während deiner Morgenroutine. Schon 30 Minuten täglich können langfristige Verbesserungen bewirken.
Wann solltest du vorsichtig sein?
- Starte das Training nach einer Geburt erst nach Rücksprache mit deinem Arzt oder deiner Hebamme, vor allem nach einem Kaiserschnitt oder bei Verletzungen.
Wenn du Schmerzen oder Unsicherheiten verspürst, wende dich an eine Physiotherapeutin, die auf den Beckenboden spezialisiert ist.
Fazit zum Beckenbodentraining
Dein Beckenboden spielt eine zentrale Rolle für deine Gesundheit und dein Wohlbefinden nach der Geburt. Mit regelmäßigen Übungen kannst du aktiv an seiner Stärkung arbeiten – in deinem Tempo und angepasst an deine Bedürfnisse.
Die wichtigste Erkenntnis: Regelmäßigkeit zählt mehr als Perfektion. Schon wenige Minuten täglich können eine spürbare Verbesserung bewirken. Egal, ob du direkt nach der Rückbildungsphase oder Jahre später anfängst – dein Körper wird von der Aufmerksamkeit profitieren, die du ihm schenkst.
Referenzen & Literatur
- Preyer, O., Fößleitner, P. Geburt und Beckenboden. J. Urol. Urogynäkol. AT 29, 67–73 (2022).
- Woodley SJ, Lawrenson P, Boyle R, Cody JD, Morkved S, Kernohan A, et al. Pelvic floor muscle training for preventing and treating urinary and faecal incontinence in antenatal and postnatal women. Cochrane Database Syst Rev. 2020;5:CD007471.
- Nygaard I, Barber MD, Burgio KL et al. Pelvic Floor Disorders Network (2008) Prevalence of symptomatic pelvic floor disorders in US women. JAMA 300(11):1311–1316.