Das Wichtigste vorab
- Da die Pille das Zusammenspiel der weiblichen Hormone beeinflusst, kann es nach Absetzen der Pille zu Zyklusunregelmäßigkeiten und Zyklusstörungen kommen.
- Diese Zyklusstörungen sind aber reversibel und haben grundsätzlich keinen langfristigen Einfluss auf die Fruchtbarkeit.
- Wie die Pille den Hormonhaushalt verändert und was passiert, nachdem die Pille abgesetzt wurde, erfährst du in diesem Artikel.
Die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel, wie die Pille, stellt einen erheblichen Eingriff in das Zusammenspiel der weiblichen Hormone dar. Deshalb haben viele Frauen* Bedenken, dass ihre Fruchtbarkeit nach Absetzen der Pille verzögert oder beeinträchtigt werden könnte. (1) Wie schnell und auf welche Weise sich der weibliche Zyklus wieder einstellt, ist eine wichtige Frage bei bestehendem Kinderwunsch.
Nach Absetzen der Pille kann die Regeneration des Zyklus länger als neun Monate dauern, wobei es häufig zu Unregelmäßigkeiten und zu Zyklusstörungen kommt. (2, 3) Dies liegt an den komplexen Wechselwirkungen der Hormone, die den Menstruationszyklus regulieren und deren Zusammenspiel durch die Einnahme der Pille relevant verändert sind. Daher ist es wichtig zu wissen, dass der Menstruationszyklus auch nach dem Absetzen der Pille noch eine Zeit lang verändert sein kann. (3)
Was genau passiert nach dem Absetzen der Pille?
Fünf Hormone sind maßgeblich an der Regulierung des weiblichen Zyklus beteiligt: das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GbRH), das Follikel stimulierende Hormon (FSH), das luteinisierende Hormon (LH), das Gelbkörperhormon Progesteron, sowie Östrogen. (4) Bei der gesunden Frau* unterliegen deren Konzentrationen während des Zyklus typischen starken Schwankungen, die den regelrechten Verlauf des Zyklus steuern.
Zunächst signalisiert die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) den Eierstöcken mittels FSH und LH, dass ein Ei heranreifen soll. Während der Eizellreifung wird vermehrt Östrogen produziert, ein Botenstoff, der den weiblichen Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vorbereitet. Beim Eisprung wird dann das herangereifte Ei in den Eileiter freigesetzt und zur Gebärmutter transportiert. Zurück bleibt die Eihülle in den Eierstöcken, die sich zum Gelbkörper umbaut und das Gelbkörperhormon Progesteron bildet. Kommt es nicht zu einer Befruchtung der Eizelle und somit nicht zur Einnistung in der Gebärmutterschleimhaut, sinkt die Konzentration des Progesterons wieder stark ab. Es kommt zur Regelblutung, und ein neuer Zyklus beginnt.
Unter Einnahme der Pille wird der Hormonspiegel hingegen weitgehend konstant gehalten. Die Pille macht sich die Wirkung der beiden weiblichen Sexualhormone Gestagen und Östrogen zunutze, indem sie den Progesteron-Spiegel künstlich hochhält, so dass die LH- und FSH-Bildung unterdrückt wird und der LH-Schub zur Zyklusmitte ausbleibt. Damit findet auch kein Eisprung statt. (5) Außerdem wird ein Schleimpfropf im Gebärmutterhals gebildet, der diesen für Spermien undurchlässig macht. Auch der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut ist deutlich reduziert. Somit wird eine Empfängnis und eine potenzielle Schwangerschaft durch mehrere Mechanismen verhindert.
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Nach Absetzen der Pille muss sich das komplexe Zusammenspiel der Sexualhormone wieder einspielen. Viele Paare machen die überraschende Erfahrung, dass nach dem Absetzen der Pille die Erfüllung ihres Kinderwunsches mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Zum einen suggeriert die tägliche Einnahme der Pille eine hohe Fruchtbarkeit an offenbar jedem Tag des Zyklus, zum anderen bleiben Zyklusstörungen oft jahrelang unbemerkt und werden dem Paar erst bei ausbleibendem Kinderwunsch bewusst. Das Wissen um die Abläufe des natürlichen Zyklus kann durch die Pilleneinnahme in Vergessenheit geraten. (6)
Bei bestehendem Kinderwunsch ist der Bedarf an Folat (Vitamin B9) erhöht (550 µg/Tag). Als „Folsäure“ wird die synthetisch hergestellte Form des Vitamins Folat bezeichnet, das als Nahrungsergänzung eingenommen werden kann. Unter dem Einfluss der Pille sinkt in der Regel die Folat-Konzentration im Körper der Frau* ab. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass die Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln mit einer Beeinträchtigung des Status verschiedener Nährstoffe einhergeht, darunter Folat, Vitamin B6 und Vitamin B12, die alle eine wichtige Rolle bei der embryonalen und fetalen Entwicklung spielen. (5, 7) So kann es bei Folsäure-Mangel häufiger zu Neuralrohrdefekten (offene oder gespaltene Wirbelsäule, sog. Spina bifida) kommen. (7) Es wird vermutet, dass zu den möglichen Mechanismen eine schlechte Absorption von Folatpolyglutamaten, eine erhöhte Ausscheidung von Folaten im Urin und ein beschleunigter Abbau von Folaten durch die Induktion mikrosomaler Enzyme gehören (5).
Wie schnell wird man nach dem Absetzen der Pille schwanger?
Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, da jeder weibliche Körper unterschiedlich auf Hormonumstellungen reagiert. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Zyklusstörungen nach Absetzen der Pille reversibel also umkehrbar sind, und die Einnahme von Verhütungsmitteln, unabhängig von ihrer Art und Dauer, grundsätzlich keinen langfristigen Einfluss auf die Fruchtbarkeit hat. (1)
Die Statistik einer systematischen Auswertung verschiedener klinischen Studien zeigte, dass 83 % der Frauen* nach Beendigung einer oralen Empfängnisverhütung innerhalb der ersten zwölf Monate schwanger wurden. (1) Weder die Art noch die Dauer des applizierten Progesterons bzw. Östrogens hatten einen signifikanten Einfluss auf die Rückkehr der Fruchtbarkeit nach Beendigung der Empfängnisverhütung. (1)
Eine weitere Studie verglich mittels Zyklusmonitoring das Zyklusgeschehen von 175 Frauen* nach Absetzen der Pille mit dem Zyklusverlauf von 284 Frauen*, die noch nie orale Kontrazeptiva eingenommen hatten. Mit Hilfe der aufgezeichneten Zyklusparameter ließen sich unter anderem die Zykluslänge und der Zeitpunkt des Eisprungs bestimmen. Es zeigte sich, dass nach Absetzen der Pille bei 51 % der Frauen* bereits der erste Zyklus unauffällig war, mit einer ausreichenden Gelbkörperphase und normalen Zykluslänge. Bei zehn Prozent der Frauen* fand in den ersten Zyklen kein Eisprung statt. (8)
Frauen*, die erst kürzlich die Pille absetzten, wiesen statistisch signifikant niedrigere Werte für die Zervixschleimqualität und einen verspäteten Eisprung in den ersten beiden Zyklen auf. In den ersten vier Zyklen war auch die Intensität der Menstruationsblutung deutlich geringer. Parameter des Menstruationszyklus waren für mindestens zwei Zyklen nach dem Absetzen oraler Verhütung verändert, was zu einer vorübergehenden Einschränkung der Fruchtbarkeit beitragen kann. (3)
Paare können vom Zyklusmonitoring profitieren, indem sie den Zyklusverlauf nach Absetzen der Pille genau beobachten, um durch eine korrekte Vorhersage des Eisprungs die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen. (3, 8)
Medically Reviewed
Dieser Text wurde auf Basis von medizinischer Fachliteratur und aktuellen Studien von Medizinredakteur:innen erstellt. Unser Anspruch ist es, wissenschaftlich zu arbeiten, Quellen kenntlich zu machen und die Inhalte regelmäßig auf ihre Aktualität zu prüfen.
Referenzen & Literatur
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- Gnoth C, Frank-Herrmann P, Schmoll A, Godehardt E, Freundl G. Cycle characteristics after discontinuation of oral contraceptives. Gynecological endocrinology : the official journal of the International Society of Gynecological Endocrinology. 2002;16:307-17.
- Nassaralla CL, Stanford JB, Daly KD, Schneider M, Schliep KC, Fehring RJ. Characteristics of the menstrual cycle after discontinuation of oral contraceptives. J Womens Health (Larchmt). 2011;20(2):169-77.
- Campbell NA, Reece JB. Biologie. Spektrum; 2003.
- Palmery M, Saraceno A, Vaiarelli A, Carlomagno G. Oral contraceptives and changes in nutritional requirements. Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2013;17(13):1804-13.
- Freundl-Schütt T, Gnoth C. Kontrazeption und Fertilität. Gynäkologische Endokrinologie. 2021;19(4):295-302.
- Wilson SM, Bivins BN, Russell KA, Bailey LB. Oral contraceptive use: impact on folate, vitamin B6, and vitamin B12 status. Nutrition Reviews. 2011;69(10):572-83.
- Frank-Herrmann P, G G, Baur S, A S, Godehardt E, T S, et al. Zyklusverhalten nach Absetzen von oralen Kontrazeptiva. Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. 2006;3.