Aktuellen Trends zufolge möchten immer mehr Frauen* ihren Zyklus verfolgen und auf die tägliche Hormondosis verzichten. Das ist allerdings leichter gesagt als getan! Der Gedanke, die Pille endgültig abzusetzen, geht für viele mit Ungewissheit einher. Was passiert mit dem Körper ohne Pille? Wie lange dauert es, bis der natürliche Zyklus wieder eintritt? Wir versuchen, etwas Klarheit ins Dunkle zu bringen.
Das Absetzen der Pille ist eine bewusste Entscheidung
Kommt der Wunsch auf, die Pille abzusetzen, sollte man trotzdem nicht überstürzt handeln. Die Pille kann zwar im Prinzip jederzeit abgesetzt werden, sinnvoll ist jedoch, die Monatspackung aufzubrauchen und sich vorab von einer Gynäkologin oder einem Gynäkologen beraten zu lassen. Die Einnahme der Pille zu unterbrechen und dann nach einigen Monaten erneut damit zu beginnen, bedeutet mehrere hormonelle Umstellungen in kurzer Zeit, was eine große Belastung für den Körper darstellt.
Entscheidend ist die Phase nach der hormonellen Verhütung: Ist nach dem Absetzen der Pille eine Schwangerschaft gewünscht? Oder soll der Zyklus beobachtet werden? Darüber sollte man sich vorher Gedanken machen und sich etwas Zeit dafür nehmen, mögliche Methoden wie zum Beispiel die symptothermale Methode kennenzulernen.
Wie die Hormone der Pille im Körper wirken
Obwohl wissenschaftlich besser erforscht als viele andere Präparate, ist die Pille ein verschreibungspflichtiges Medikament und besteht aus chemischen Hormonen, die dem gesunden Körper zugeführt werden. Diese unterdrücken den natürlichen Eisprung, dem weiblichen Körper wird dadurch quasi eine permanente Schwangerschaft vorgetäuscht.
Mit Absetzen der Pille wird dieser künstliche Ablauf abgeschaltet und das natürliche Zyklusgeschehen reaktiviert – samt Eisprung und Monatsblutung. Gleichzeitig können Nebenwirkungen der Pille wegfallen, wie Gewichtszunahme und Wassereinlagerungen, Stimmungsschwankungen oder Depressionen, was in der Regel in den ersten Monaten schon zu spüren ist.
Negative Begleiterscheinungen nach Absetzen der Pille
Nicht selten bringt das Absetzen der Pille auch unerwünschte Folgen wie Menstruationsbeschwerden, starke Regelblutungen, Verschlechterung des Hautbildes oder Zyklusstörungen mit sich. Manche Frauen* nehmen die Pille sogar aus medizinischen Gründen, um die Beschwerden des natürlichen Zyklus zu unterbinden und eine Regelmäßigkeit herbeizuführen. An dieser Stelle sollte Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt gehalten werden, bevor die Pille abgesetzt wird.
Positive Begleiterscheinungen nach Absetzen der Pille
Es gibt auch viele positive Effekte, denn ein großer Teil der Frauen berichtet nach Absetzen der Pille über ein verbessertes Körpergefühl, eine höhere Leistungsfähigkeit beim Sport, mehr Lust auf Sex oder weniger Risiko auf Thrombosen oder Embolien. Das wahrscheinlich überzeugendste Argument gegen die Pille liegt darin, dass dem Körper keine künstlichen Hormone mehr zugeführt werden.
Jede Frau* muss für sich entscheiden, ob die Pille das geeignete Mittel zur Verhütung ist. Der Absprung von der Pille hin zur natürlichen Alternative führt langfristig zu vielen positiven Nebenwirkungen und Frauen*, die diesen Weg gegangen sind, können sich den Weg zurück zur hormonellen Verhütung nicht mehr vorstellen.
Der erste Zyklus nach Absetzen der Pille
Die erste Periode nach dem Absetzen der Pille wird als „Abbruchblutung“ bezeichnet. Die nächste Blutung nach dieser ersten Abbruchblutung ist die erste natürliche Periode. Im Normalfall setzt die erste natürliche Menstruation nach etwa vier bis sieben Wochen ein. Es kann aber auch vorkommen, dass die erste reguläre Regelblutung bis zu einem halben Jahr ausbleibt, bekannt als Post-Pill-Amenorrhoe.
Auch Zwischenblutungen können nach dem Absetzen der Pille als Nebenwirkung auftreten. In beiden Fällen sollte eine Ärztin oder ein Arzt zu Rate gezogen werden. Das Positive an der Umstellung: Schon im ersten Zyklus beobachten Frauen* die hormonellen Veränderungen. Wo die Pille zuvor für einen gleichmäßigen Hormonspiegel gesorgt hat, können sie das Auf und Ab von Östrogen und Progesteron und die Wirkung auf ihre Leistungsfähigkeit wahrnehmen.
Zyklusstörungen nach Absetzen der Pille
Die Pille reguliert den Zyklus der Frau* auf eine bestimmte Anzahl von Tagen. Daher ist es für viele Frauen* neu, sich nach Absetzen mit dem eigenen Zyklus und der Fruchtbarkeit auseinanderzusetzen. Dies führt aber in der Regel zu einem verbesserten Körperbewusstsein. Entscheidet man sich, den Zyklus per Zyklus-Beobachtung zu verfolgen, zählt der erste Tag nach Absetzen der Pille als „Anfangsdatum“. Man kann nicht davon ausgehen, dass der natürliche Zyklus dieselbe Länge hat, wie der zuvor durch die Pille herbeigeführte.
Bei rund 49 % der Frauen* kommt es nach Absetzen der Pille zu Zyklusstörungen – entweder zu verlängerten oder verkürzten Zyklen. Alles zwischen 23 und 35 Tagen gilt allerdings als normal. Die Beobachtung und Dokumentation des Zervixschleims hilft an dieser Stelle, die ovarielle Aktivität zu bestimmen. Aber keine Sorge, Störungen des Zyklus nach dem Absetzen hormoneller Verhütungsmittel normalisieren sich meistens wieder. Einige Frauen* benötigen einfach eine längere Regenerationsphase. Zyklusstörungen, die jedoch über drei Zyklen beobachtet werden, sollten ärztlich untersucht werden.
Schon direkt nach Absetzen der Pille ist eine Schwangerschaft möglich
Bereits im ersten Zyklus nach Absetzen der Pille kann eine Frau* schwanger werden. Auch wenn keine Blutung eintritt, sind Frauen* nach Absetzen der Pille in der Regel ab dem 8. Tag fruchtbar. Es spricht zwar nichts dagegen, es sofort zu versuchen, doch warten viele Frauen* lieber auf ihren ersten natürlichen Zyklus und bereiten ihren Körper richtig auf eine Schwangerschaft vor. Je nach Alter liegen die Chancen auf eine Schwangerschaft bei etwa 25 bis 35 % pro Zyklus. Es gibt diverse Gründe für eine verzögerte Fruchtbarkeit. Außerdem gibt es unterschiedliche Meinungen dazu, ob sich eine längere Pilleneinnahme positiv oder negativ auf die Fruchtbarkeit auswirkt. Um grundsätzlich die Chance auf eine Schwangerschaft zu erhöhen, kann nach Absetzen der Pille direkt mit der Zyklusverfolgung begonnen werden.
Die Temperaturmessung zeigt Zyklusschwankungen
Viele Frauen* mit Kinderwunsch, die vorher mit der Pille verhütet haben, fragen sich, wie sie nach Absetzen der Pille ihre Fruchtbarkeit am besten nachverfolgen können. An dieser Stelle hilft die symptothermale Methode der Zyklusverfolgung, den eigenen Körper besser zu verstehen. Die Methode ist eine Kombination aus der Beobachtung des Körpers (Menstruationsblutung, Zervixschleim, Muttermund) und Messung der Basaltemperatur (Aufwachtemperatur). Um den Eisprung herum steigt das Temperaturniveau um 0,2 bis 0,5°C an und bleibt bis zur nächsten Menstruation auf diesem Level. Zu beachten ist, dass im ersten Zyklus nach Absetzen hormoneller Verhütungsmittel Temperaturschwankungen auftreten können, die mit dem eigentlichen Eisprung nichts zu tun haben. An dieser Stelle sind Schwankungen, die den Veränderungswert von 0,2°C unterschreiten, zu ignorieren.
Die Sicherheit der symptothermalen Methode
Bei richtiger Anwendung beträgt der Pearl-Index der symptothermalen Methode 0,4 bis 1,8 (nur kombiniert mit Verzicht auf Geschlechtsverkehr an den fruchtbaren Tagen). Zum Vergleich: Der Peal-Index der Pille liegt bei 0,1 bis 0,9, der von Kondome 2 bei bis 12, so die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Je kleiner der Pearl Index ist, desto sicherer ist die jeweilige Methode. Die symptothermale Methode setzt voraus, dass du dich mit den Themen rund um Zyklus und Fruchtbarkeit auseinandersetzt und ein Wissen über deinen Körper erlangst. Den Index erreichst du nur, wenn du die regelmäßige Dokumentation deiner Körpersignale sicherstellst und mögliche Störfaktoren in Betracht ziehst. Diese Selbstbeobachtung sollte vor allem in den ersten Monaten nach Absetzen der Pille täglich erfolgen, denn es kann einige Monate dauern, bis der Zyklus sich normalisiert.
Medically Reviewed
Dieser Text wurde auf Basis von medizinischer Fachliteratur und aktuellen Studien von Medizinredakteur:innen erstellt. Unser Anspruch ist es, wissenschaftlich zu arbeiten, Quellen kenntlich zu machen und die Inhalte regelmäßig auf ihre Aktualität zu prüfen.
Referenzen & Literatur
- Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Juli 2004, pro familia
- Auswertung GKV-Verordungsdaten zu kombinierten oralen Kontrazeption („Pille“) für gesetzlich versicherte Frauen bis 20 Jahre, ab 2019, bis 22 Jahre
- Segerer, Sabine, and Christoph Keck. "Unverträglichkeit der Pille." gynäkologie+ geburtshilfe 24.6 (2019): 32-34.