Stehst du vor der Entscheidung "Stillen ja oder nein"? Diese Frage beschäftigt viele werdende Mütter, und es ist völlig normal, dass du dir darüber Gedanken machst.
Die Entscheidung fürs Stillen ist sehr persönlich und wird von vielen Faktoren beeinflusst - von deiner beruflichen Situation über deine Gesundheit bis hin zu deinen individuellen Lebensumständen. Während die WHO das ausschließliche Stillen in den ersten sechs Monaten empfiehlt, gibt es auch andere Wege, dein Baby gesund zu ernähren.
In diesem Artikel erfährst du alle wichtigen Fakten über das Stillen, seine Vor- und Nachteile sowie praktische Alternativen. Wir unterstützen dich dabei, eine fundierte Entscheidung zu treffen, die zu dir und deinem Baby passt.
Die wissenschaftlichen Fakten zum Stillen
Die wissenschaftlichen Fakten sprechen eine klare Sprache, wenn es um die Vorteile des Stillens geht. Lass uns gemeinsam einen Blick auf die aktuellen Forschungsergebnisse werfen.
Gesundheitliche Vorteile für dein Baby
Die Zusammensetzung der Muttermilch ist einzigartig und von der Natur optimal auf die Bedürfnisse deines Babys abgestimmt. Wissenschaftliche Studien zeigen: Gestillte Babys haben 40 - 70 % weniger Infekte in den ersten Lebensmonaten.
Besonders beeindruckend sind die langfristigen Auswirkungen auf die Entwicklung deines Kindes:
- Geringeres Risiko für Übergewicht und Diabetes Typ 2
- Bessere kognitive Entwicklung und weniger Verhaltensauffälligkeiten
- Stärkere Immunabwehr gegen Infektionen der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts
Positive Auswirkungen auf deine Gesundheit
Als stillende Mutter profitierst du ebenfalls von zahlreichen gesundheitlichen Vorteilen. Pro Stilljahr reduziert sich dein Brustkrebsrisiko um etwa 4 %. Die Hormone, die beim Stillen ausgeschüttet werden, beschleunigen die Rückbildung deiner Gebärmutter und beugen Gebärmuttersenkungen vor.
Forschungsergebnisse belegen zudem, dass stillende Mütter weniger empfindlich auf Stress reagieren. Das liegt am Hormon Oxytocin, das während des Stillens freigesetzt wird.
Was die Forschung über die emotionale Bindung sagt
Die Wissenschaft bestätigt: Stillen ist mehr als nur Ernährung. Beim Stillen wird sowohl bei dir als auch bei deinem Baby Oxytocin - auch "Bindungshormon" genannt - ausgeschüttet. Aktuelle Studien zeigen, dass dieser hormonelle Prozess die Gehirnentwicklung deines Babys positiv beeinflusst.
Interessant ist auch: Die Intensität der Hirnwellen-Zusammenarbeit zwischen Mutter und Kind ist besonders stark, wenn du positiv mit deinem Baby kommunizierst und häufigen Blickkontakt hältst. Diese neurologische Verbindung ermöglicht es deinem Baby, besonders leicht von dir zu lernen.
Deine persönliche Entscheidungsfindung
Die persönliche Entscheidung zum Stillen ist so individuell wie du selbst. Nach den wissenschaftlichen Fakten schauen wir uns nun an, wie du deine eigene, informierte Entscheidung treffen kannst.
Wichtige Faktoren für deine Wahl
Studien zeigen, dass fünf Hauptfaktoren deine Stillentscheidung beeinflussen:
- Deine persönliche Sichtweise und Erfahrungen
- Ratschläge von Familie und Freunden
- Empfehlungen von Gesundheitsexpert:innen
- Gesellschaftliche Normen
- Mediale Darstellung
Wichtig zu wissen: Du allein triffst diese Entscheidung für dich und dein Baby. Lass dich nicht von äußerem Druck beeinflussen.
Beruf und Stillen vereinbaren
Wenn du wieder arbeiten gehst, hast du als stillende Mutter besondere Rechte. In den ersten zwölf Monaten nach der Geburt stehen dir bei einem 8-Stunden-Tag mindestens zwei 30-minütige oder eine 60-minütige Stillpause zu. Diese Zeit wird bezahlt und muss nicht nachgearbeitet werden.
Praktischer Tipp: Sprich frühzeitig mit deinem Arbeitgeber über einen geeigneten Stillraum und flexible Arbeitszeiten. Viele Betriebe bieten heute familienfreundliche Lösungen an.
Deine mentale Gesundheit berücksichtigen
Deine psychische Gesundheit spielt eine zentrale Rolle bei der Stillentscheidung. Forschungen zeigen, dass ausschließliches Stillen zu einem signifikant geringeren Risiko für Depressionen führt. Allerdings gilt auch: Wenn das Stillen nur noch Stress verursacht, landen diese Stresshormone durch die Muttermilch auch beim Kind.
Achte auf diese Warnsignale:
- Übermäßiger Druck und Stress
- Schlafmangel
- Gefühle von Überforderung
Denk daran: Eine entspannte, ausgeglichene Mutter ist das Beste für dein Baby - egal ob mit oder ohne Stillen. Professionelle Unterstützung durch Stillberatung kann dir helfen, die richtige Balance zu finden.
Praktische Alternativen zum Vollstillen
Wenn du dich entscheidest, nicht ausschließlich zu stillen, gibt es heute verschiedene praktische und sichere Alternativen. Lass uns gemeinsam die wichtigsten Optionen durchgehen.
Pre-Nahrung richtig auswählen
Pre-Nahrung ist eine speziell entwickelte Säuglingsanfangsnahrung, die von Geburt an geeignet ist. Sie enthält, wie Muttermilch, als einziges verdauliches Kohlenhydrat Milchzucker (Laktose). Die Zusammensetzung ist europaweit gesetzlich geregelt und basiert auf wissenschaftlichen Empfehlungen.
Wichtige Auswahlkriterien:
- Wähle Pre- oder 1er-Nahrung für die ersten Lebensmonate
- Achte auf HA-Nahrung bei familiärer Allergiegeschichte
- Beachte die Reinheitskriterien und Nährstoffzusammensetzung
Teilstillen als Option
Teilstillen bietet dir mehr Flexibilität und ist eine praktische Alternative zum ausschließlichen Stillen. Du kannst dabei die Vorteile des Stillens mit der Praktikabilität der Flasche kombinieren.
Bei der Flaschenfütterung ist es wichtig, dass du:
- Dem Baby die Flasche erst anbietest, wenn es Interesse zeigt
- Das Baby möglichst aufrecht hältst
- Kleinere Portionen (unter 170 ml) verwendest, um Überfütterung zu vermeiden
Abpumpen und Aufbewahren von Muttermilch
Abgepumpte Muttermilch ist eine wertvolle Alternative, wenn du nicht direkt stillen kannst. Die Haltbarkeit hängt von der Lagerungstemperatur ab:
Temperatur |
Haltbarkeit |
16-29°C |
4-6 Stunden |
4-15°C (Kühltasche) |
24 Stunden |
4°C (Kühlschrank) |
3-5 Tage |
-18°C (Gefrierfach) |
6 Monate |
Wichtiger Hinweis: Aufgetaute Muttermilch hält sich bei Raumtemperatur maximal zwei Stunden und darf nicht wieder eingefroren werden. Erwärme die Milch nie in der Mikrowelle, sondern schonend im Wasserbad.
Unterstützung finden und annehmen
Unterstützung beim Stillen kann den entscheidenden Unterschied machen - egal ob du dich fürs Vollstillen oder eine Alternative entscheidest. Die richtigen Hilfsangebote können dir mehr Sicherheit und Erfolg auf deinem gewählten Weg geben.
Professionelle Hilfe durch Stillberatung
Studien zeigen: Mütter, die eine adäquate Stillberatung vor und nach der Geburt erhalten, haben deutlich bessere Stillerfolge. Professionelle Unterstützung ist besonders wertvoll bei:
- Unsicherheiten beim Anlegen
- Schmerzen oder wunden Brustwarzen
- Fragen zur Milchmenge
- Vereinbarkeit von Beruf und Stillen
- Besonderen Herausforderungen wie Frühgeburten
Wichtig: Die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten für Hebammenbetreuung, während spezielle Stillberatung oft zusätzlich bezahlt werden muss.
Die Rolle deines Partners
Die Unterstützung durch deine:n Partner:in hat einen nachweislich starken Einfluss auf deinen Stillerfolg. Studien belegen: Die Wahrscheinlichkeit erfolgreich zu stillen ist 1,8-mal höher, wenn die Mutter durch eine:n Partner:in aktiv unterstützt wird. Nach sechs Monaten stillen sogar fünfmal mehr Mütter, deren Partner:innen in Stillberatung einbezogen wurden.
Dein:e Partner:in kann dich praktisch unterstützen durch:
Unterstützungsart |
Beispiele |
Emotionale Hilfe |
Ermutigung, Zuhören, Bestärkung |
Praktische Hilfe |
Babypflege, Haushalt, Mahlzeiten |
Organisatorische Hilfe |
Termine koordinieren, Besuche managen |
Austausch in Stillgruppen
Stillgruppen bieten dir einen geschützten Raum für Austausch und gegenseitige Unterstützung. Diese Treffen werden von qualifizierten Stillberater:innen geleitet und erfordern meist keine Anmeldung.
Vorteile der Stillgruppen:
- Erfahrungsaustausch mit anderen Müttern
- Fachliche Beratung in entspannter Atmosphäre
- Aufbau eines unterstützenden Netzwerks
- Bestärkung in deiner Rolle als Mutter
Du kannst bereits in der Schwangerschaft an Stillgruppen teilnehmen, um dich optimal vorzubereiten. Der soziale Austausch ist besonders wertvoll, wenn du keine stillerfahrenen Personen in deinem direkten Umfeld hast.
Fazit
Die Entscheidung zum Stillen ist ein wichtiger Meilenstein auf deinem Weg als Mutter. Wie du gesehen hast, sprechen wissenschaftliche Fakten für das Stillen - von gesundheitlichen Vorteilen bis zur emotionalen Bindung. Gleichzeitig zeigt die Realität: Es gibt nicht den einen richtigen Weg für alle Mütter.
Deine persönliche Situation, dein Beruf und dein Wohlbefinden spielen eine zentrale Rolle bei dieser Entscheidung. Ob du dich fürs Vollstillen, Teilstillen oder eine Alternative entscheidest - mit der richtigen Unterstützung und Information kannst du die beste Wahl für dich und dein Baby treffen.
Denk immer daran: Eine entspannte, zufriedene Mutter ist das Wertvollste für dein Baby. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, um deine persönliche Stillentscheidung zu treffen und scheue dich nicht, Hilfe anzunehmen. Mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung wirst du deinen Weg finden, dein Baby optimal zu ernähren und zu umsorgen.
Referenzen & Literatur
- Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: "Wie klappt es mit dem Stillen? Tipps für die Stillzeit", unter www.ble.de
- Bundesinstitut für Risikobewertung: "Fragen und Antworten zur Risikobewertung von kosmetischen Mitteln", unter www.bfr.bund.de
- Bundesverband Deutscher Laktationsberaterinnen IBCLC e. V.: "Mythen zum Stillen - Ammenmärchen", unter: www.bdl-stillen.de
- Deutsche AIDS-Gesellschaft e.V.: Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion, AWMF 055-001, Version 8 vom 03.09.2020, unter www.awmf.org
- Deutscher Hebammenverband: Praxisbuch: Besondere Stillsituationen, 2. Auflage, Hippokrates Verlag, 2021
- Europäisches Institut für Stillen und Laktation: "Stillprobleme", unter www.stillen-institut.com