Stehst du vor der Entscheidung zwischen Kaiserschnitt oder vaginaler Geburt? Diese Wahl hat einen großen Einfluss auf deine Geburtserfahrung und das Wohlergehen von dir und deinem Baby. Jede Methode bringt ihre eigenen Vor- und Nachteile mit sich, die du sorgfältig abwägen solltest. Deine persönliche Situation, medizinische Faktoren und deine Vorlieben spielen dabei eine wichtige Rolle.
In diesem Artikel erfährst du mehr über die medizinischen Gründe für einen Kaiserschnitt und die möglichen Risiken für Mutter und Kind bei beiden Geburtsarten. Wir beleuchten auch die Auswirkungen auf das Neugeborene und geben dir einen umfassenden Überblick, um dir bei deiner Entscheidung zu helfen. Ob Sectio caesarea oder natürliche Geburt - am Ende geht es darum, dass du dich gut informiert und sicher fühlst.
Medizinische Indikationen
Bei der Entscheidung zwischen Kaiserschnitt und vaginaler Geburt spielen medizinische Indikationen eine wichtige Rolle. Es gibt zwei Hauptkategorien von Indikationen: absolute und relative. Lass uns diese genauer betrachten, um dir einen umfassenden Überblick zu verschaffen.
Absolute Indikationen
Absolute Indikationen sind Situationen, in denen ein Kaiserschnitt unbedingt notwendig ist, um die Gesundheit und Sicherheit von Mutter und Kind zu gewährleisten. In diesen Fällen führt die Sectio caesarea nachweislich zu einer deutlichen Verringerung der Sterblichkeit oder Erkrankungsrate bei Mutter und/oder Kind. Hier sind einige der wichtigsten absoluten Indikationen:
- Plazentaprobleme:
- Placenta praevia totalis (Mutterkuchen verdeckt den Muttermund vollständig)
- Vorzeitige Plazentalösung
- Kindliche Faktoren:
- Querlage des Kindes
- Nabelschnurvorfall
- Schwere fetale Fehlbildungen, die eine natürliche Geburt unmöglich machen
- Mütterliche Faktoren:
- Drohender oder bereits eingetretener Gebärmutterriss (Uterusruptur)
- Schwere Präeklampsie oder HELLP-Syndrom bei unreifem Gebärmutterhals
- Beckendeformitäten, die eine vaginale Geburt ausschließen
- Akute Notfälle:
- Akute Sauerstoffunterversorgung des Kindes
- Amnioninfektionssyndrom (Infektion der Fruchthöhle)
Bei diesen absoluten Indikationen besteht kein Zweifel daran, dass ein Kaiserschnitt die sicherste Option ist. Sie machen jedoch weniger als 10 % aller durchgeführten Kaiserschnitte aus.
Relative Indikationen
Relative Indikationen sind Situationen, in denen ein Kaiserschnitt in Betracht gezogen wird, aber nicht zwingend erforderlich ist. Hier werden die Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen, und die Entscheidung wird oft gemeinsam von Ärzt:innen, Hebammen und der Schwangeren getroffen. Diese Indikationen sind für 70-90 % aller Kaiserschnitte verantwortlich. Zu den relativen Indikationen gehören:
- Geburtsverlauf:
- Protrahierte Geburt oder Geburtsstillstand
- Ineffektive Wehentätigkeit
- Vorgeschichte:
- Zustand nach vorherigem Kaiserschnitt
- Zustand nach Operationen an der Gebärmutter
- Kindliche Faktoren:
- Beckenendlage
- Verdacht auf ein großes Kind (Makrosomie)
- Mehrlingsschwangerschaft
- Mütterliche Faktoren:
- Schwere Erkrankungen der Mutter (z.B. Herz-Lungen-Erkrankungen)
- HIV-Infektion der Mutter
- Schwere psychische Belastung
- Sonstige Faktoren:
- Wunschkaiserschnitt
Bei diesen relativen Indikationen ist es wichtig, dass du dich ausführlich mit deinem Behandlungsteam besprichst, um die beste Entscheidung für deine individuelle Situation zu treffen. Folgend listen wir die Vor- und Nachteile sowie Risiken und Auswirkungen auf dich und dein Baby für beide Methoden auf.
Vor- und Nachteile eines Kaiserschnitts
Ein Kaiserschnitt ist ein chirurgischer Eingriff, der mit spezifischen Risiken verbunden ist. Zu den häufigsten Komplikationen gehören erhöhte Blutverluste und mögliche Verletzungen von Nachbarorganen wie Blase und Darm. Auch Wundheilungsstörungen und Narbenbildung können auftreten. Die Heilungsphase nach einem Kaiserschnitt dauert in der Regel länger als nach einer vaginalen Geburt, da die Narbe mehrere Gewebeschichten durchdringt.
Ein besonders wichtiger Aspekt ist das erhöhte Thrombose- und Embolie-Risiko nach einem Kaiserschnitt. Dieses Risiko ist aufgrund der schwangerschaftsbedingten Veränderungen in der Blutgerinnung besonders hoch. Daher ist regelmäßiges Aufstehen nach der Operation von großer Bedeutung.
Frauen*, die per Kaiserschnitt entbinden, haben ein dreimal höheres Risiko, bei der Geburt zu sterben, als bei einer natürlichen Geburt. Allerdings ist das absolute Risiko sehr gering: In Deutschland liegt die Müttersterblichkeit bei Kaiserschnitten bei etwa 0,04 Promille, was einer von 25.000 Frauen* entspricht.
Langfristig kann ein Kaiserschnitt auch Auswirkungen auf zukünftige Schwangerschaften haben. Das Risiko für Plazentationsstörungen, wie eine Plazenta praevia oder eine Plazenta accreta, steigt mit der Anzahl der vorausgegangenen Kaiserschnitte. Diese Komplikationen können zu lebensbedrohlichen Blutungen führen und in schweren Fällen sogar eine Gebärmutterentfernung erforderlich machen.
Folgen eines Kaiserschnitts für das Kind
Bei einem Kaiserschnitt wird das Baby direkt aus der keimfreien Gebärmutter gehoben, wodurch es nicht mit den wichtigen mütterlichen Bakterien im Geburtskanal in Kontakt kommt. Dies hat Auswirkungen auf die Entwicklung des kindlichen Mikrobioms. Studien haben gezeigt, dass Kaiserschnitt-Babys weniger der wichtigen mütterlichen Bacteroides-Stämme in ihrem Mikrobiom aufweisen.
Ein weiterer Faktor, der das Mikrobiom des Kindes bei einem Kaiserschnitt beeinträchtigt, ist die prophylaktische Gabe von Antibiotika an die Mutter. Dieses Antibiotikum erreicht über die Nabelschnur auch das Kind und hat einen negativen Einfluss auf den Aufbau der Darmflora in den ersten Lebenstagen.
Studien haben gezeigt, dass Kaiserschnitt-Babys ein erhöhtes Risiko für bestimmte gesundheitliche Probleme haben:
- 46 % höheres Risiko für Durchfallerkrankungen im ersten Lebensjahr
- Doppelt so hohes Risiko für die Entstehung einer Sensibilisierung gegen Lebensmittel
- Zwei- bis siebenmal häufiger Atemschwierigkeiten nach der Geburt
- 20 % erhöhtes Risiko für Asthma im Kindesalter
- 23 % höheres Risiko, später an Diabetes zu erkranken
Eine Studie von Professor Annette-Gabriele Ziegler vom Institut für Diabetesforschung am Helmholtz-Zentrum München ergab sogar, dass bei Kindern zuckerkranker Eltern das Risiko, bis zum 12. Jahr an Diabetes zu erkranken, nach einem Kaiserschnitt mit 4,8 % doppelt so hoch ist wie nach einer natürlichen Geburt (2,2 %).
Vorteile des Kaiserschnitts
Ein Kaiserschnitt bietet in bestimmten Situationen klare Vorteile und kann für einige Mütter die richtige Wahl sein. Einer der wesentlichen Vorteile ist die Planbarkeit: Ein geplanter Kaiserschnitt ermöglicht es, den Zeitpunkt der Geburt besser zu kontrollieren. Dies kann besonders für Frauen* von Vorteil sein, die aufgrund ihrer persönlichen oder beruflichen Situation eine genaue Planung benötigen.
Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die medizinische Notwendigkeit. In Fällen, in denen gesundheitliche Risiken oder Komplikationen vorliegen, wie etwa eine ungünstige Lage des Babys (z. B. Beckenendlage), Plazenta praevia, Zwillings- oder Mehrlingsschwangerschaften oder schwerwiegende Gesundheitsprobleme der Mutter, kann ein Kaiserschnitt die sicherste Methode sein, um die Gesundheit von Mutter und Kind zu schützen.
Zudem kann ein Kaiserschnitt in Notfallsituationen, die das Leben von Mutter oder Kind bedrohen, eine schnellere und damit lebensrettende Lösung bieten. Diese Möglichkeit der schnellen Durchführung macht den Kaiserschnitt zu einer wichtigen Option in der Geburtshilfe, wenn eine sofortige Entscheidung getroffen werden muss.
Vor- und Nachteile einer vaginalen Geburt
Eine vaginale Geburt ist nicht ohne Risiken. Ein häufiges Problem sind Verletzungen im Dammbereich und in der Scheide, die genäht werden müssen. Diese Verletzungen können zu Wundheilungsstörungen führen. In einigen Fällen können auch Schamlippen und Klitoris verletzt werden, insbesondere wenn Hilfsmittel wie Geburtszange oder Saugglocke zum Einsatz kommen.
Ein bedeutendes Risiko bei der vaginalen Geburt sind Beckenbodenschäden. Diese können zu langfristigen Problemen wie Harn- oder Stuhlinkontinenz führen. Studien haben gezeigt, dass die Prävalenz eines Prolaps 20 Jahre nach einer vaginalen Geburt im Vergleich zu einem Kaiserschnitt doppelt so hoch ist. Zudem geht eine vaginale Entbindung mit einem um 67 % erhöhten Risiko für eine Harninkontinenz einher.
Besonders gefährdet für schwerwiegende Folgen rund um den Beckenboden sind Frauen* ab 35, Sportlerinnen mit einem überdurchschnittlich straffen Beckenboden sowie Gebärende von Kindern mit großem Kopfumfang. Ein spezifisches Risiko ist die sogenannte Levator-Avulsion, ein Abriss des wichtigsten Stützmuskels im Beckenboden, der signifikant mit späteren Beeinträchtigungen assoziiert ist.
Für viele Frauen* spricht die Unvorhersehbarkeit gegen eine natürliche Geburt ebenso wie Angst vor den Schmerzen und Wehen.
Folgen einer vaginalen Geburt für das Kind
Bei einer vaginalen Geburt kommt das Baby intensiv mit besonderen mütterlichen Milchsäure-Bakterien in Kontakt. Diese nimmt es über Mund und Nase auf und erhält so eine bakterielle Grundausstattung für den Aufbau des eigenen Darmmikrobioms. Diese Bakterien spielen eine wichtige Rolle für die Ausbildung eines gesunden Immunsystems.
Luxemburgische Forscher:innen haben herausgefunden, dass diese spezifischen Bakterien im Darm wertvolle metabolische Funktionen für das Neugeborene übernehmen können. Sie fördern und stärken die Entwicklung des Darmtraktes und vor allem das Immunsystem von frühestem an.
Allerdings ist eine vaginale Geburt nicht ohne Risiken für das Kind. Mögliche Komplikationen umfassen:
- Subpartale Mangelzustände mit konsekutiver Enzephalopathie und Zerebralparese
- Intrauterine Infektion bei protrahierter Geburt
- Armplexuslähmung und andere geburtstraumatische Schädigungen
- In seltenen Fällen intrauteriner Fruchttod
Das Risiko für das Kind erhöht sich im Vergleich zur primären Sectio, wenn Makrosomie, Wachstumsverzögerung, Einstellungsanomalien oder Beckenendlage vorliegen.
Vorteile der vaginalen Geburt
Eine vaginale Geburt bringt mehrere Vorteile mit sich, die sowohl für die Mutter als auch für das Baby vorteilhaft sein können. Ein wesentlicher Vorteil ist die schnellere Erholung: Frauen*, die vaginal entbinden, haben in der Regel eine kürzere Erholungszeit und müssen weniger lange im Krankenhaus bleiben, was zu einer schnelleren Rückkehr in den Alltag führt.
Ein weiterer Vorteil ist das geringere Infektionsrisiko. Da bei einer vaginalen Geburt kein operativer Eingriff erfolgt, ist das Risiko für Infektionen und andere Komplikationen in der Regel geringer als bei einem Kaiserschnitt.
Die vaginale Geburt bietet zudem die Möglichkeit zur Förderung der Bindung und des Stillens. Oft kann die direkte Haut-zu-Haut-Bindung und das Stillen unmittelbar nach der Geburt initiiert werden, was die Bindung zwischen Mutter und Kind stärkt und den Start des Stillens erleichtert.
Zusätzlich hat die vaginale Geburt positive Auswirkungen auf das Baby. Babys, die durch den Geburtskanal geboren werden, sind einer natürlichen Exposition zu mütterlichen Bakterien ausgesetzt, was zur Stärkung des Immunsystems beitragen kann. Zudem hilft der Druck des Geburtskanals, die Flüssigkeit aus den Lungen des Babys zu pressen, was das Risiko von Atemproblemen nach der Geburt verringert.
Vergleich der Vor- und Nachteile
Bei der Gegenüberstellung der Risiken zeigt sich, dass beide Geburtsformen ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. Nach vaginalen Geburten treten bei der Mutter deutlich seltener schwere Komplikationen wie Infektionen, Blutungen oder Thrombosen auf. Zudem ist der stationäre Krankenhausaufenthalt in der Regel kürzer. Dafür kann die Geburt nicht geplant werden und viele Frauen* befürchten eine lange Geburtsdauer und starke Schmerzen.
Ein Kaiserschnitt hingegen kann geplant durchgeführt werden und ist meist ein deutlich kürzerer Prozess als eine vaginale Geburt. Dafür birgt ein Kaiserschnitt hingegen ein höheres Risiko für bestimmte Komplikationen. Dazu gehören ein längerer stationärer Aufenthalt, Schmerzen nach der Operation und mögliche Probleme bei der Versorgung des Kindes. Auch das Risiko für Wundheilungsstörungen der Schnittnarbe ist erhöht.
Fazit
Es ist wichtig zu beachten, dass das individuelle Risiko von vielen Faktoren abhängt, wie dem Alter der Mutter, dem geschätzten Gewicht des Ungeborenen und dessen Kopfumfang. Moderne Risiko-Scores können helfen, das individuelle Risiko abhängig vom Geburtsmodus besser einzuschätzen.
Letztendlich gibt es keine Formel für die risikoärmste Geburt. Jede Frau* muss für sich entscheiden, welche Risiken sie eher in Kauf nehmen möchte. Eine umfassende und individuelle Aufklärung durch medizinisches Fachpersonal ist daher von großer Bedeutung, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.
Die Entscheidung zwischen Kaiserschnitt und vaginaler Geburt hat weitreichende Auswirkungen auf dich und dein Baby. Du hast jetzt einen Überblick über die medizinischen Gründe, Risiken für die Mutter und Folgen für das Kind bei beiden Geburtsarten. Es zeigt sich, dass sowohl Kaiserschnitt als auch vaginale Geburt ihre eigenen Vor- und Nachteile mit sich bringen. Beachte auch, dass jeder noch so gute Plan letztendlich manchmal über den Haufen geworfen werden muss, weil z.B. medizinische Indikationen für einen Kaiserschnitt oder eine vaginale Geburt sprechen.
Am Ende geht es darum, dass du dich gut informiert und sicher fühlst. Sprich offen mit deinem Behandlungsteam über deine Wünsche und Bedenken. Jede Schwangerschaft ist einzigartig, daher solltest du die für dich und dein Baby beste Entscheidung treffen. Egal welchen Weg du wählst, das Wichtigste ist, dass du und dein Baby gesund und glücklich seid.
Medically Reviewed
Dieser Text wurde auf Basis von medizinischer Fachliteratur und aktuellen Studien von Medizinredakteur:innen erstellt. Unser Anspruch ist es, wissenschaftlich zu arbeiten, Quellen kenntlich zu machen und die Inhalte regelmäßig auf ihre Aktualität zu prüfen.
Referenzen & Literatur
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- Stjernholm YV, Petersson K, Eneroth E: Changed indications for cesarean sections. Acta Obstet Gynecol Scand 2010; 89: 49–53
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