Tipps

So unterstützt du deinen Hormonhaushalt nach Absetzen der Pille

MEDICALLY REVIEWED
Hormonhaushalt nach Absetzen der Pille, natürlicher Zyklus


Das Wichtigste vorab

  • Die Skepsis gegenüber der Pille steigt und viele Frauen* entscheiden sich mittlerweile, die künstlichen Hormone abzusetzen und sich nach einer anderen Verhütungsmethode umzugucken.
  • Viele zögern jedoch, weil sie Nebenwirkungen befürchten.
  • Symptome wie Haarverlust, unreine Haut oder stärkere Periodenschmerzen sind leider relativ häufig. Wir erklären dir, wie sie zustandekommen und was hilft.

Die Pille ist neben Kondomen das in Deutschland am häufigsten verwendete Verhütungsmittel (1). Junge Frauen*, die mit der Frage nach geeigneter Verhütung in eine gynäkologische Praxis gehen, kommen häufig mit einem Rezept für die Valette, Maxim, Evaluna etc. wieder heraus. Und das nicht ohne Grund: Die Pille ist mit einem Pearl-Index von 0,1 eines der sichersten Verhütungsmittel (2). Doch die Zufuhr von künstlichen Hormonen greift stark in den Körper ein, weswegen sich viele Frauen* mittlerweile dazu entscheiden, auf eine Alternative umzusteigen (3). Doch auch nach dem Absetzen der Pille bemerken viele Frauen* teils starke Nebenwirkungen. 

Um zu verstehen, warum es zu diesen Nebenwirkungen kommt und was dagegen unternommen werden kann, muss man zunächst wissen, welche Hormone in den verschiedenen Phasen des Zyklus welche Aufgabe übernehmen.

So funktioniert der Menstruationszyklus

Der weibliche Menstruationszyklus wird zum Großteil von zwei Hormonen gesteuert: Östrogenen und Gestagenen (Progesteron). Diese werden überwiegend in den Eierstöcken (Ovarien) gebildet. Zudem werden von der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) gebildet. Sie schüttet die Hormone abhängig vom Östrogen- und Progesteronspiegel aus.

In der ersten Zyklushälfte, die mit dem ersten Tag der Periode startet und bis zum Eisprung geht, sind Östrogen und Progesteron niedrig, weswegen die Hypophyse FSH bildet. Das FSH regt in den Eierstöcken die Ausreifung des Eibläschens (Follikel) an. Daher wird diese Zyklusphase auch Follikelphase genannt. Je größer der Follikel wird, desto mehr Östrogen gibt er ab. Das Hormon startet den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, in die sich die Eizelle nach einer Befruchtung einnisten könnte. Zudem verändert das Östrogen die Konsistenz des Zervixschleims. Er wird durchsichtiger und spinnbar. Frauen*, die die symptothermale Methode anwenden, nutzen die Zervixschleimkonsistenz als ein Signal für ihre fruchtbare Phase.

In der Mitte des Zyklus, wenn das Östrogen einen bestimmten Schwellwert überschritten hat und der Follikel damit signalisiert, groß genug zu sein, gibt die Hirnanhangdrüse das LH ab und löst den Eisprung (Ovulation) aus. Die Eizelle gelangt in den Eileiter, der als Transportweg zur Gebärmutter fungiert. Der übriggebliebene Follikel wird derweil zum Gelbkörper, welcher überwiegend das Hormon Progesteron aber auch etwas Östrogen bildet. Das Progesteron sorgt dafür, dass die Basaltemperatur um 0,3 bis 0,5°C steigt: das zweite Körpersignal, das die symptothermale Methode sich zu Nutze macht.

menstruationszyklus

Das hohe Aufkommen von Östrogen und Progesteron hält den FSH-Spiegel niedrig. Wenn keine Befruchtung stattgefunden hat, bildet sich der Gelbkörper zurück und die Hormonspiegel sinken wieder. Deswegen wird die zweite Zyklusphase auch Gelbkörper- oder Lutealphase genannt.

Das Sinken der Hormonspiegel ist das Zeichen für die Zellen der Gebärmutterschleimhaut, sich zusammenzuziehen. Ihr ganzer Aufbau wird zerstört, damit sie mit der Periode hinausgeschwemmt werden kann. Noch während der Periode regt das FSH wieder die Follikelbildung an.

Was bewirkt die Pille im Körper?

Bei Frauen*, die die Pille einnehmen, werden  je nach Pillenart  einige dieser natürlich ablaufenden Prozesse unterdrückt. Es gibt zwei verschiedene Pillenarten: Die Kombinations- oder Mikropille sowie die Minipille.

Die Kombinationspille (auch Mikropille) besteht aus Gestagen und Östrogen. Diese Hormonkombination setzt an drei Stellen des weiblichen Zyklus an, um zu verhindern, dass eine Schwangerschaft eintritt. Sie hemmt die Eizellreifung und den Eisprung und verändert die Beschaffenheit des Schleims im Gebärmutterhals derart, dass Spermien diesen kaum durchdringen können. Außerdem verhindern sie, dass die Gebärmutterschleimhaut sich ordentlich aufbaut, wodurch eine befruchtete Eizelle sich nicht einnisten könnte.

Minipillen enthalten keine Östrogene, sondern entweder das Gestagen-Hormon Levonorgestrel oder Desogestrel. Diese sorgen dafür, dass sich der Schleim im Gebärmutterhals so verfestigt, dass keine Spermien in den Gebärmutterhals eindringen können. Ebenso wird die Schleimhaut in der Gebärmutter nur unzureichend aufgebaut, sodass sich eine befruchtete Eizelle nur schwer einnisten könnte. Minipillen mit dem Hormon Desogestrel unterdrücken zusätzlich den Eisprung.

Bei Einnahme einer Pille bleibt die Hormonkonzentration der eingenommenen Hormone jederzeit konstant. Nur bei den Pillen, bei denen eine Pillenpause vorgesehen ist, sinkt die Konzentration kurzzeitig ab. In dieser Pause kommt es zu einer künstlichen Abbruchblutung.

Wann im Zyklus kann ich die Pille absetzen?

Frauenärzt:innen empfehlen, die Einnahme der Mikropille nicht mitten im Blister zu stoppen, sondern die letzte Pille des Blisters zu nehmen und nach der Pillenpause nicht wieder mit einer neuen Packung zu beginnen. Dann besteht die Chance, dass der Körper die eigenständige Produktion von FSH und LH aufnimmt. Wenn du eine Minipille nimmst, kannst du zu jeder Zeit absetzen.

Was passiert nach dem Absetzen?

Während der Einnahme der Pille bleiben die Hormonspiegel unverändert und dadurch werden die diversen Prozesse, die in einem Zyklus ablaufen, nicht angestoßen. Fällt die Einnahme der nicht-körpereigenen Hormone weg, muss der Körper wieder selbst das Steuer übernehmen. 

Denn ohne Pille stoppt die konstante Zufuhr von Östrogen und Progesteron und hält die beiden Hormone FSH und LH, die von der Hypophyse gebildet werden, nicht mehr niedrig. Dann werden alle Prozesse des weiblichen Zyklus angestoßen und es kann ein Eisprung stattfinden.

Doch wenn der konstante Hormonspiegel Monate oder Jahre lang gehalten wurde und die Hypophyse deswegen das Signal zur Ausschüttung von LH und FSH nie bekommen hat, kann es dauern, bis sich die natürlichen Hormonschwankungen wieder einstellen.

Nebenwirkungen nach Absetzen der Pille

In den Monaten, die der Umstellungsprozess dauern kann, berichten viele Frauen* von diversen Nebenwirkungen. Diese sind auf das Ungleichgewicht der Hormone zurückzuführen, das die Pille in deinem Körper hinterlassen hat. In einer Umfrage auf dem Ovy Instagram-Kanal waren unreine Haut (bis hin zu Akne) (21,31 %), ein unregelmäßiger Zyklus (11,48 %) die am häufigsten genannten als negativ anzusehenden Nebenwirkungen. Eine grundsätzlich entspanntere und glücklichere Einstellung (9,84 %) stellte die Community als größte positive Nebenwirkung fest.


Hormone (auch die Sexualhormone) übernehmen im Körper immer mehrere Funktionen, die Nebenwirkungen können also, wie hier zu sehen, vielfältig sein. Auch wie lange sie anhalten, ist von Frau* zu Frau* unterschiedlich.

Im Folgenden findest du Tipps, die speziell auf dein “Problem” nach Absetzen der Pille ausgerichtet sind. Bitte beachte, dass die Tipps deinen Körper lediglich bei der Umstellung unterstützen können. Zunächst sind ein unregelmäßiger Zyklus sowie die anderen aufgezählten Nebenwirkungen durchaus normal und meist nach einigen Monaten verschwunden. Wenn du jedoch mit starken Nebenwirkungen zu tun hast oder dir unsicher bist, konsultiere bitte deine:n Frauenärzt:in.

Unreine Haut - So unterstützt du deinen Körper

Nach Absetzen der Pille fällt der Körper zunächst in ein “Hormonloch”. Die Östrogenzufuhr wurde abgestellt. Durch das fehlende Östrogen werden die Haare schwächer und die Haut schlechter durchblutet. Gleichzeitig befindet sich im Körper mehr freies Testosteron. Denn dieses wird eigentlich durch Östrogen gebunden. Das freie Testosteron setzt sich zum Beispiel an Rezeptoren in Talgdrüsen an und produziert dort mehr Talg - es kommt zu fettiger Haut und fettenden Haaren.

Was hilft?
  • Reguliere das Testosteron in deinem Körper:
  • Treibe Sport und überprüfe deinen Zink-Haushalt. Dämme außerdem deine Insulinausschüttung ein. Setze auf Omega-3-Fettsäuren und Lignane.
  • Pflege deine Haut richtig:
  • Informiere dich über eine Pflegeroutine, die zu deiner Haut passt.
  • Gib deiner Haut Zeit:
  • Das Einspielen des Hormonhaushalts benötigt etwas Zeit. Damit wird sich auch deine Haut wieder regulieren. 

    “Baustelle” Leber

    Doch noch eine weitere Baustelle kann für fettige und unreine Haut sorgen: die Leber. Die Leber betrachtet die künstlichen Hormone der Pille als Giftstoff, den sie abbauen muss (4). Jeden Tag filtert sie die durch die Pille aufgenommenen Stoffe aus dem Kreislauf. Doch dass die Pille durch die Leber muss, wurde bei ihrer Entwicklung mit einkalkuliert: Sie ist so hoch dosiert, dass die Hormone trotz des sogenannten First-Pass-Effekts der Leber im Körper wirken. Etwa drei Viertel ihres Inhalts geht an die Leber verloren. Die tägliche Einnahme des Medikaments kann, zum Beispiel in Verbindung mit ungesunder Ernährung, hohem Kaffee- oder Alkoholkonsum die Leber überlasten.

    Wenn die Leber ausfällt oder aufgrund der hohen Belastung nur verlangsamt arbeiten kann, wird weniger freies Testosteron abgebaut. So kann es passieren, dass es nach dem Absetzen der Pille zu vermehrt fettiger und unreiner Haut kommt. Schließlich wird zu dem Zeitpunkt das freie Testosteron weder durch Östrogen gebunden, noch durch die Leber absorbiert.

    Was hilft?
  • Wärme:
  • Mach regelmäßig Leberwickeln, um deiner Leber etwas Gutes zu tun.

  • Die richtige Ernährung:
  • Reduziere raffinierte Kohlenhydrate wie Zucker und Weizenprodukte. Baue Nahrungsmittel, die gut für die Leber sind, in deine Ernährung ein. Dazu gehören z.B. Rote Beete, Avocado, Kohl und Zitrusfrüchte. Mit Bitterstoffen aus Koriander, Kurkuma, Artischocken, oder Mariendistel unterstützt du deine Leber zusätzlich.

    Die Leber ist ein komplexes Organ und an diversen Prozessen im menschlichen Körper beteiligt. Da ist es kein Wunder, dass auch Zyklusstörungen die Folge einer nicht fitten Leber sein können.

    Unregelmäßiger Zyklus - So unterstützt du deinen Körper

    Neben den eventuell auftretenden ästhetischen Problemen, ist ein unregelmäßiger Zyklus das Hauptproblem vieler Frauen* nach dem Absetzen der Pille. Gerade Frauen* mit Kinderwunsch fühlen sich dadurch belastet, da ein sehr unregelmäßiger und langer Zyklus die Vorhersage eines Eisprungs fast unmöglich macht.

    Und wenn man nicht plant, schwanger zu werden, ist eine ausbleibende Periode ebenso verunsichernd. Bleibt die Periode nach Absetzen der Pille länger als drei Monate aus, spricht man von einer Post-Pill-Amenorrhoe. Laut einer Untersuchung aus 2006 betrifft das jedoch nur etwa sechs Prozent der Frauen* (5). Deutlich gängiger ist ein langer und unregelmäßiger Zyklus als Nebenwirkung nach Absetzen der Pille.

    Was hilft?

    In vier Schritten kannst du deinen Körper unterstützen, wenn du nach dem Absetzen der Pille einen unregelmäßigen Zyklus hast:

    1. Reguliere Stress
    2. Reduziere das freie Testosteron
    3. Lass deinen Hormonspiegel checken
    4. Beobachte deinen Zyklus 

    Schmerzhaftere Perioden

    Mit einer Sache musst du leider rechnen, wenn du die Pille absetzt: Wenn du vor der Einnahme starke Regelschmerzen hattest und während der Einnahme nicht, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese zurückkehren. 

    Das liegt daran, dass in einem Zyklus ohne Pille durchschnittlich eher weniger Progesteron vorhanden ist als in einem Zyklus mit Pille (6). Dieses Hormon sorgt unter anderem für die Durchblutung der Gebärmutterschleimhaut, weswegen es ohne Pille (also mit weniger Progesteron) zu stärkeren und schmerzhafteren Krämpfen während der Periode kommen kann. Schließlich muss die Gebärmutter bei einer weniger durchbluteten Schleimhaut stärker krampfen, um diese wieder abzustoßen.

    Was hilft:
    • Wärme
    • Leichte Bewegung
    • Magnesium wirkt krampflösend
    • Suche bei starken Schmerzen ärztlichen Rat

    Einstellung verändert - Warum die Pille sich auf deine Stimmung auswirkt

    Studien deuten an, dass die Affektvariabilität unter der Einnahme der Pille deutlich weniger ausgeprägt ist (7). Das bedeutet, dass Gefühle weniger stark schwanken. Vor allem Frauen*, die sich oft motiviert, inspiriert und enthusiastisch fühlen, fehlen diese Hochgefühle und sie fühlen sich durch ihr Fehlen bedrückt.

    Wird man durch die Pille depressiv?

    Statistisch gesehen werden im ersten Jahr der Pilleneinnahme mehr Antidepressiva verschrieben als sonst (8). Das ist auf die geringe Affektvariabilität ins Positive zurückzuführen. Jedoch ist es nicht so, dass die Pille depressiv machen kann. Vielmehr kann sie Frauen*, die sich ohnehin schon in einem prädepressiven Stadium befinden, zum ersten Mal auffällig werden lassen (9).


      Medically Reviewed

      Dieser Text wurde auf Basis von medizinischer Fachliteratur und aktuellen Studien von Medizinredakteur:innen erstellt. Unser Anspruch ist es, wissenschaftlich zu arbeiten, Quellen kenntlich zu machen und die Inhalte regelmäßig auf ihre Aktualität zu prüfen.


      Referenzen & Literatur

      1. Repräsentativbefragung 2011, BZgA: Verhütungsverhalten Erwachsener (PDF)
      2. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe Juli 2004, pro familia. Pearl-Index, Methode. "3.1 Übersicht und Pearl-Index." Facharztwissen Gynäkologie 3 (2021): 42.
      3. Kramarz, Susanna, et al. "Hormonmüdigkeit–gibt es sie? Was sind die Alternativen?." Der Gynäkologe 55.5 (2022): 379-385.
      4. Segerer, Sabine, and Christoph Keck. "Unverträglichkeit der Pille." gynäkologie+ geburtshilfe 24.6 (2019): 32-34.
      5. Frank-Herrmann P et al.: Zyklusverhalten nach Absetzen von oralen Kontrazeptiva. J Reproduktionsmed Endokrinol. 2006;3(1):54-57.
      6. Jaroszewski JJ, Markiewicz W, Maslanka TS, Skarzynski DJ. (2009). Influence of nonsteroidal anti-inflammatory drugs on progesterone production by cultured bovine luteal cells. Pol J Vet Sci. 12(3), pp. 305-10.
      7. Jarva et al: Do oral contraceptives act as mood stabilizers? Evidence of positive affect stabilization (Archives of Women’s Mental Health, 2007)
      8. Association of Hormonal Contraception With Depression. Charlotte Wessel Skovlund 1, Lina Steinrud Mørch 1, Lars Vedel Kessing 2, Øjvind Lidegaard 1
      9. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit (Paul-Ehrlich-Institut, 2019) (PDF)